Niger - ein Reisebericht

21.03.2006 – Izouzadene, die blauen Berge

Die besonders schöne (und für uns auf dieser Reise noch neue) Dünenlandschaft rund um den Adrar Chiriet reizt die meisten von uns, vor Sonnenaufgang noch einen weiteren Kamm zu erklimmen, um von dort aus die Morgenstimmung zu genießen - ein Aufwand, der sich auf jeden Fall lohnt.

Nach dem Frühstück geht es, wie jeden Tag, zunächst einmal ein Stück zu Fuß weiter. Diesmal hat der Morgenspaziergang jedoch eine Überraschung für uns parat: nur wenige Meter abseits unseres Lagers hat sich eine Sandviper häuslich eingerichtet. Hätte uns Sylvia das unter Grasbüscheln liegende Tier nicht gezeigt, wir hätten es aus vielleicht fünf Meter Entfernung sicherlich nicht bemerkt! Bei Tageslicht wird die Schlange nun Opfer der Fotografen, eine Rolle, in der sie sich sichtlich unwohl fühlt.

In den Jeeps geht es anschließend weiter in das Innere des Adrar Chiriet. Es ist ein wenig seltsam, im Inneren eines - wenn auch nur ehemaligen und seit langen Zeiten verwitternden - Vulkans zu stehen. Der darauf sitzende Berg muß früher gewaltige Ausmaße gehabt haben. Durch die hohen Wände rundum gibt es vergleichsweise viel Schatten und damit auch Vegetation - wir sehen zahlreiche blühende Akazien und, dazu passend, reichlich Insekten.

Vom Adrar Chiriet geht es weiter nach Norden - zunächst suchen wir uns eine große Akazie für unsere Mittagsrast. Das Gebiet ist weitläufig mit Dünen bedeckt, viele von uns nützen die Gelegenheit für einen Spaziergang in die Umgebung. An Stellen, die durch den Wind zufällig vom Sand befreit worden sind, kommen zahlreiche Tonscherben zum Vorschein - Hinterlassenschaften vergangener Epochen, möglicherweise erst wenige Jahrzehnte alt, vielleicht aber auch von vor unserer Zeitrechnung.

Noch weiter im Norden gelangen wir schließlich am frühen Nachmittag in das Gebiet von Izouzaouen, in dem eine Marmorschicht an die Oberfläche dringt, die den dortigen Felsen bei Sonnenlicht einen sehr deutlichen, bläulichen Schimmer verleiht. Der Weg dorthin ist nicht weit, allerdings mit zu überquerenden Dünen gespickt. Für uns Touristen verläuft die Etappe entsprechend abwechslungsreich und eindrucksvoll, für die Fahrer hingegen ist sie recht anstrengend. Gelegentlich ist der beste Weg zwischen den Dünen nicht sofort erkennbar, die Autos bleiben stecken, müssen angeschoben werden, in einigen Fällen werden sogar die Sandbleche hervorgeholt und in spektakulären Stunts von den Fahrern gelegt bzw. geworfen.

Nach den weiten, schier endlosen Schotterhalden des Aïr sind die weichen, in vielen Brauntönen schattierten Konturen der Sanddünen jedenfalls eine willkommene Abwechslung für das Auge. Am nördlichen Rand dieses Dünengebiets liegen dann schließlich die blauen Berge, Izouzadene, die wir gut eine Stunde vor Sonnenuntergang erreichen, wo wir auch unseren Schlafplatz einrichten (19°36'N, 9°12'O). Die Luft ist klar, die Marmorfelder leuchten in der tiefstehenden Sonne und bilden mit dem dunkelgelben Sand wunderbare Kontraste. Wir erklimmen gleich nach der Ankunft den nächstgelegenen Gipfel, um von dort aus die Abendstimmung zu genießen - man kann viele Kilometer in alle Richtungen sehen, und nirgendwo bemerkt man Spuren, die auf Menschen hindeuten.

Es ist beinahe windstill, und mir kommt die Idee, die Nacht am Gipfel zu verbringen, um beim Aufwachen einen Sonnenaufgang in dieser herrlichen Umgebung erleben zu können. Da die Gegend entlegen genug ist, um keine nächtlichen Besuche wilder Tiere fürchten zu müssen, setze ich den Plan in dei Tat um: nach dem Abendessen erfolgt ein neuerlicher Aufstieg im Schein der Stirnlampe - das ist zwar etwas komplizierter, als bei Tageslicht, aber kein grosses Problem. Oben angekommen, lege ich mich auf Isomatte und Schlafsack zur Ruhe - allerdings leider nur für kurze Zeit, da noch vor Mitternacht ein starker Wind aufkommt, der mich mit Sand vollbläst und mir nicht viel Zeit zum Schlafen läßt. Dennoch kann ich den Morgen danach in einsamer Landschaft genießen, nur der erhoffte Sonnenaufgang ist wegen des durch den Sturm aufgewirbelten Staubs in der Luft nicht so schön zu beobachten, wie erhofft.